IHKVV: entbehrliche Ausbildereignungsverordnung (AEVO)

Die Ausbildereignungsprüfung ist nur Bürokratie

Es gibt eine Ausbildereignungsverordnung (AEVO), die 2009 verändert wurde.  Diese regelt, wer in Deutschland unter welchen Voraussetzungen ausbilden kann.  Die AEVO war seit Mai 2003 bis zum 31.7.2009 ausgesetzt. Man wollte sehen, ob die Aussetzung der AEVO neue Ausbildungsplätze schafft.

Das Bundesministerium für Arbeit beauftragte das Bundesinstituts für Berufsbildung  (BIBB) die Auswirkungen zu untersuchen

2599 Betriebe aus Handwerk und Handel nahmen an der Befragung teil

Die Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung  (BIBB) in 2008 ergab:

www.bibb.de/de/32006.htm

10.000-25.000 neue Ausbildungsverträge pro Jahr wurden abgeschlossen

Nach den Nachteilen der AEVO gefragt, antworteten

53 %  – es kommen untragbare Kosten auf die Unternehmen zu

44 %  – die Ausbildereignungsprüfung ist eine bürokratische Hürde

39 %  – halten eine staatliche Regelung für überflüssig, der Betrieb ist  für die    eigene Qualifikation selber verantwortlich

29 % –   kritisieren den hohen zeitlichen Aufwand für die Qualifikationen

Aber auch Kammern wurden gefragt:

Von den damaligen 81 IHKn antworteten 70 %  d.h. 58 Kammern.

70%  der IHKs plädierten dafür, dass Ausbildereignungsprüfungen wieder obligatorisch werden

Die Berliner IHK teilte mir auf Anfrage mit, dass sie gegen die Wiedereinführung der AEVO stimmte.

So kam es zu dem Ergebnis, dass ab 1.8.2009 wieder die Pflicht für alle Ausbildungsbetriebe besteht,  einen Ausbilder vorzuweisen, der von der IHK gemäß der AEVO akzeptiert wird.

Ausnahme: wer zwischen Mai 2003 bis zum 31.7.2009  unbeanstandet ausbildete, darf es auch weiterhin ohne Ausbildungseignungsprüfung

Kosten für die Betriebe für den Erwerb der Ausbildungsbefähigung:

Crashkurs bei der IHK: 6 Fehltage für den Ausbilder  und  € 450,- an die IHK Kurskosten

Anmerkungen:

– es gibt ca. 10.000-25.000 weniger Lehrstellen pro Jahr

– das Prekariat wächst

– die Kammern nahmen selbst ihre Pflicht der Teilnahme an der Studie nur zu 70 % wahr.

– eine Einbeziehung der IHK-Mitglieder in die Meinungsfindung der IHK-Administration ist nicht erkennbar. Offensichtlich ist es den Kammern wichtiger, ihre Lehrgänge zu verkaufen, als die Meinung ihrer Mitglieder zu ermitteln.

– Der Nachweis der Ausbildereignung der IHK garantiert noch lange nicht, dass die Auszubildenden tatsächlich von dieser Person ausgebildet werden. Es ist lediglich ein Pflichtnachweis gegenüber der IHK. Niemand prüft den tatsächlichen Ablauf der Ausbildung. Es ist auch unbeachtlich, ob der Ausbilder während der Ausbildung den Betrieb verlässt.  Dieser Ausbildereignungsschein ist eine bürokratische Farce.

Meine Auffassung:

Das System Ausbildung ist in Deutschland sehr traditionsbelastet. Für jeden Beruf gibt es Ausbildungsrichtlinien und Prüfungen. Das mag für handwerkliche Berufe noch Sinn ergeben, aber das Berufsverständnis hat sich geändert. Heute gibt es diverse Arbeiten, die lediglich ein kurzfristiges Anlernen erfordern.  Aber von einer abgeschlossenen Berufsausbildung spricht man erst, wenn eine komplette vorgeschriebene und Ausbildung den Regeln nach absolviert wurde.

Aber das erfordert zertifizierte Ausbilder, qualifizierte Ausbildungsstätten und  Auszubildende, die eine brauchbare Schulbildung haben. Dabei werden jedoch alle ausgegrenzt, die zwar einen Beruf erlernen wollen, aber nicht die gewünschten Ausbildungsbetriebe finden, und die nicht den Ansprüchen dieser Betriebe genügen.

Ein Umdenken ist erforderlich. Wir brauchen eine Zulassung von Arbeitsstätten, in denen jedermann eine Ausbildung beginnen kann, sofern sich Arbeitgeber und Auszubildende einig sind. Das können kleinste Handwerksbetriebe sein, die Bürokaufleute ausbilden oder ein orientalischer Markthändler, der eine(n) Verwandte(n) als Verkaufskraft ausbilden möchte.

Jeder Jugendliche, der so eine Ausbildung macht, hat eine Berufsschulpflicht. Das ist allemal besser, als sich sonst wo die Langeweile zu vertreiben. Die Berufsbezeichnung könnte verändert werden, z.B. in „ausgebildete Verkaufshilfe“ oder „Bürogehilfe“.  Häufig führt auch so eine Ausbildung in eine weiter gehende freiwillige Qualifikation, seien es Aufbaulehrgänge oder in eine neue Arbeitsstelle mit aufbauenden Fachlehrgängen.

Auf jeden Fall wird durch die Möglichkeit einer selbst einfachen, aber zertifizierten Berufsausbildung das Selbstbewusstsein aller daran Beteiligten gestärkt.

Wenn ihnen durch bürokratische Hemmnisse, z.B. AEVO und Begutachtung der Ausbildungsstätte durch IHK-Prüfer diese Möglichkeit genommen wird, werden viele potentielle Spätstarter unter den Jugendlichen erst gar nicht antreten und ihr Leben lang ungelernte und wenig akzeptierte Arbeiten verrichten.

Jede Ausbildung ist besser, als keine bzw. eine verweigerte Ausbildung. Auch kleinste Betriebe sollten ausbilden dürfen, wenn sie einen Azubi finden, der den Betrieb akzeptiert.

Diese These, d.h. jeder der will kann und darf mit Unterstützung einer Berufsschule ausbilden, wird vielen jungen Menschen die Hoffnung geben, auch mit scheinbar ungenügenden Vorkenntnissen den Einstieg in eine Zukunft zu finden. Auch für diese ist es wichtig, irgendeinen Abschluss vorweisen zu können. Das ist die Chance dann noch etwas darauf zu setzen und eventuell seinen Kindern ein Vorbild zu sein.

Daher sollte

a) Die AEVO sobald wie möglich ausgesetzt werden

b) Die IHKn nur noch Ausbildungsverhältnisse registrieren und Prüfungen organisieren

c) die Politik neue einfache Ausbildungsberufe definieren

Ich habe am 19.3.2009 dieses Thema in der Vollversammlung zur Diskussion gestellt. Es gab meinen Vortrag mit der Bitte, aktiv für die Abschaffung der AEVO einzutreten. Ich erinnere mich an eine Wortmeldung aus dem Plenum.  Danach war und ist alles wieder wie zuvor.

Fakt ist: die AEVO nutzt der IHKn, die ihren kostenintensiven Apparat damit beschäftigen können,  aber nicht den Mitgliedern.

Immerhin: meine ständigen Bemühungen seit 2007 in der Vollversammlung fanden immer mehr Unterstützer. Somit sind in Berlin ab 2012 die IHK-Ausbildungsgebühren um nahezu 50% gesenkt worden. Berlin hatte zuvor die teuersten Gebühren. Jetzt sind es fast die preiswertesten. Meine Überzeugung: Das wird auch neue Ausbildungsplätze bringen.